Die AIK/FAUKiel in Gründung mit Bollerwagen und FAU-Fahnen.

Anarchistische Initiative Kiel (AIK) als FAU Kiel in Gründung auf #ErsterMai Kiel 2022

Die AIK/FAUKiel in Gründung mit Bollerwagen und FAU-Fahnen.
Anarchistische Initiative Kiel als Gründungsgruppe eines Kieler Syndikats auf der Ersten Mai Demo 2022.

Noch gibt es keine FAU Kiel, denn der Weg ist lang und steinig. Aber immerhin waren wir mal mit den alten FAU-Fahnen wieder auf einer Erster Mai Demo in Kiel.

Unseren Status haben wir ja neulich schon etwas angedeutet. Wie kann man bei uns mitmachen?

  • Jede*r aus Kiel kann in der FAU Flensburg Mitglied werden
  • Die Anarchistische Initiative beheimatet sozusagen auch die „FAU Kiel in Gründung“. Das heißt am nutzt ihr unser „Mitmachen„-Formular, um mit uns und Flensburg Kontakt aufzunehmen und wir informieren euch dann weiter.

Erster Mai 2022 , AIK und Gründung FAU Kiel

This 1886 engraving was the most widely reproduced image of the Haymarket massacre. It shows Methodist pastor Samuel Fielden speaking, the bomb exploding, and the riot beginning simultaneously; in reality, Fielden had finished speaking before the explosion.
Radierung aus dem Jahr 1886, dass den 1. Mai in Chikago zeigt

Der historischer Erste Mai ist insbesondere mit der Forderung nach dem Achtstundentag verbunden. Anfang des 19. Jahrhunderts waren 13-14 Stundentage nicht unüblich. Interessanter weise setzte sich ausgerechnet der Unternehmer Robert Owen für eine Arbeitszeitverkürzung in seiner eigenen Fabrik ein (zunächst auf 10,5 Stunden).

Abschaffung von Kinderarbeit, Gründung von Genossenschaften und Arbeitszeitverkürzung wurden Forderungen der neu gegründeten Gewerkschaften und wurde auf dem Kongress der Internationalen Arbeiterassoziation(IAA) 1866 gefordert, als diese Organisation noch eine Vielzahl an sozialrevolutionären Organisationen vertrat.

Die Idee verbreitete sich über Großbritannien unter anderem auch nach Australien (ab 1850), wo sie vor allem von Steinmetzen und Bauarbeitern vertreten wurde.

In Australien wurde der Achtstundentag bei vollem Lohnausgleich erstmals am 21. April 1856 durchgesetzt. An diesem Tage zogen in Melbourne Steinmetze und Bauarbeiter, die im Universitätsviertel beschäftigt waren, durch die Stadt und sammelten sich mit den Bauarbeitern vom Ostmarkt und vom Parlamentsgebäude und zogen mit ihrem Protest und ihren Forderungen zum Parlament. Inspiriert waren die Akteure aber vor allem durch ihre Kollegen aus Sydney, die bereits ein knappes Jahr zuvor am 18. August 1855 den achtstündigen Arbeitstag erkämpften, allerdings zu dem Preis von Lohneinbußen.

Quelle: Wikipedia

Der 1. Mai wurde in Australien zum International Worker’s Day, an dem jedes Jahr die Forderung nach einer gesetzlichen Begrenzung des Arbeitstages auf acht Stunden gefordert wurde.

1884 wurden die Forderungen in den USA ausgegriffen. Am 1. Mai 1886 kam es zu einer Versammlung am Haymarket in Chikago, an der unter neben der Forderung nach dem Achtstundentag auch Erfolge wie Lohnerhöhungen bei einer Fabrik für landwirtschaftliche Betriebe gefeiert wurde. Aufgrund von Massenaussperrungen erlebte Chikago in den Folgetagen einen großen Streik und weitere Demonstrationen.

Als am 3. Mai die Polizei einschritt, um eine Versammlung von Streikenden nahe dem Erntemaschinen-Betrieb McCormick aufzulösen, wurden sechs Arbeiter erschossen und einige weitere verletzt. In der folgenden Nacht versammelte sich eine Menge von mehreren Tausend Streikenden und marschierte zum Haymarket Square. Wiederum versuchte die Polizei, auch unter dem Eindruck der gewalttätigen Auseinandersetzungen zuvor, die Versammlung aufzulösen. Der Protestmarsch wurde aber fortgesetzt und verlief friedlich. Auch der Bürgermeister der Stadt, Carter Harrison Sr., ging, nachdem er die Lage überprüft hatte, früh nach Hause. Die Lage eskalierte am nächsten Tag, dem 4. Mai, als jemand eine Bombe in die Menge warf, die sich wieder am Haymarket-Square versammelt hatte. Zwölf Menschen, darunter der Polizist Mathias J. Degan, starben noch am Ort des Geschehens. Sechs weitere Polizisten erlagen später ihren Verletzungen. Die Polizei eröffnete daraufhin das Feuer und tötete und verletzte eine unbekannte Zahl von Protestierenden. Da einige der Redner dieses Tages Anarchisten gewesen waren, ging man davon aus, dass ein Anarchist die Bombe geworfen hatte. Ein Beweis für eine solche Verbindung konnte allerdings nicht erbracht werden. Bis heute ist unklar, wer die Bombe geworfen hat.[

Quelle: Wikipedia

Soviel zu den Ursprüngen des Feiertages und der Bewegung. In Deutschland hat es der DGB geschafft, dass nicht nur der „Erste Mai“ meist mit seinem Namen verknüpft wird, sondern medial auch oft „Gewerkschaften fordern“ synonym zu „DGB-Gewerkschaften“ verwendet wird.

In Deutschland ist der Achtstundentag sei 1918 gesetzlich vorgeschrieben. Zuvor waren die freien Gewerkschaften (FvdG) 1908 wegen Unvereinbarkeit aus der SPD ausgeschlossen wurde, die eine hierarchische Eingliederung der Arbeitenden forderte und sowohl Basisdemokratie, als auch den Generalstreik und den Anarchismus als politische Wege ablehnten. Während die SPD und viele Gewerkschaften den Ersten Weltkrieg positiv begleiteten (Burgfriedenspolitik), lehnten dies die freien Gewerkschaften konsequent ab. 1919 gründete sich die FAUD (Freie Arbeiter-Union Deutschlands) als neuer Zusammenschluss nach der Revolution. 1977 dann die Freie Arbeiter*innen-Union (FAU).

Ein Hauptgegensatz zwischen DGB-Gewerkschaften und der FAU ist bis heute die Frage, welche Organisationsform besser ist für die Vertretung von Arbeitnehmer*inneninteressen:

  1. Eine streng hierarchische Top-Down-Organisation mit wenig Demokratie und Einflussmöglichkeiten (Einheitsgewerkschaft), oder
  2. Eine basisdemokratische Organisierung von Unten mit begrenzten Mandaten und ohne bezahlte Funktionär*innen.

DGB’ler argumentieren auch gerne, dass eine stärkere Einheitsgewerkschaft Hitler gestoppt hätte. Und sie geben der Zersplitterung der Arbeiter*innenbewegung die Schuld an der geschichtlichen Entwicklung.

Allerdings ist fraglich wie stark eine Gewerkschaftsbewegung sein konnte, die den Generalstreik als Werkzeug aus der Hand gelegt hatte. Und die schnelle Eingliederung des Vorläufers ADGB in das Nazireich war wohl auch nur aufgrund der hierarchischen Gliederung möglich.

Kiel 2022

Zurück ins Jahr 2022 und dem, was in Kiel am 1. Mai passieren soll:

Wir von der Anarchistischen Initiative Kiel (AIK) wollen uns am Ersten Mai-Zug beteiligen. Leider nicht mit einem Stand, da der DGB dies nicht zugelassen hat. Aber mit unseren Schwarz-Roten und FAU-Fahnen. Wir sind auch immer noch dabei zu versuchen eine FAU Kiel zu gründen. Dies machen wir nun über den Umweg der Mitgliedschaft in der FAU Flensburg (als Pat*innen-Syndikat). Sozusagen als Arbeitsgruppe oder Sektion.

Los geht es am Sonntag, 1. Mai um 10 Uhr auf dem Exerzierplatz.

Wenn ihr auch auf dem Ersten Mai unterwegs seid, könnt ihr uns gerne ansprechen. Ihr könnte aber noch nicht direkt Mitglied werden in einem Syndikat „FAU Kiel“. Das kann noch einige Monate dauern. Aber ihr könnt natürlich auch beim Aufbau mitmachen, wenn wir zusammenfinden.

FAU bald wieder in Kiel? #Krallenschärfen #Besserorganisieren

2022 kann kommen sagt die Schwarze Katze
Das Bild haben wir von Facebook geklaut

2018 hatte sich die FAU Kiel aufgelöst. Seit vier Jahren hat sich leider im Bereich der selbstorganisierten Gewerkschaften nicht viel in Kiel getan. Es gibt nun unsererseits Überlegungen diesen Zustand wieder mit einer offiziellen Neugründung zu überwinden.

Wenn ihr das auch interessant findet oder unterstützen wollt und aus Kiel und Umland kommt, meldet euch bei uns. Auch Feedback aus benachbarten Syndikaten begrüßen wir!

Was macht denn so ein FAU Syndikat?

Da gibt es ja viele Meinungen und Informationen. Aber man kann es als einen solidarischen Zusammenschluss betrachten. Eine Selbstorganisation, die sich zum einen um die Interessen der eigenen Mitglieder kümmert, aber auch um andere gesellschaftliche Themen (manche sagen „Kämpfe“, aber das klingt mir zu kriegerisch). Also wo brennt es uns? Wo brennt es in Kiel?

Zum anderen gibt es u.a. einen Schwerpunkt beim Bereich Arbeitsverhältnissen und solidarischer Wirtschaft. Von Minijobs bis hin zu Kollektiven.

Letztendlich hängt es eben von den Mitgliedern ab, wo sie sich engagieren. Im Gegensatz zu DGB-Gewerkschaften, die eher von oben gelenkt werden.

Generell gibt es thematisch nichts, was ausgeschlossen wäre. Häufig ändert sich die Tätigkeit auch mit der Zusammensetzung. Durch Zuzug und Wegzug. Durch Ein- und Austritte.

Ein Syndikat ist auch ein Ort bei dem wir eine andere Gesellschaft leben und nicht alles auf eine utopische Zukunft verschieben wollen. Manchmal eben auch einfach Themen direkt anpacken, anstatt nur darüber zu reden und mir Direkten Aktionen etwas bewegen.

Dabei ist uns auch der Umgang miteinander wichtig und dass wir selber Zuhören und Lernen und Ausprobieren!

Vielleicht bis bald!

Traditionen beenden!

Gorch Fock in der Gorch Fock Mole, Kiel
Gorch Fock in Kiel 2021

135 Millionen, Einhundertfündunddreissig Millionen(!) hat dieser Staat für die Restaurierung eines „Segelschulschiff“ ausgegeben. Woher kommt eigentlich dieser Name „Gorch Fock“? Gorch Fock (eigentlich „Johann Wilhelm Kinau“) war ein eher drittklassiger Heimatschriftsteller. Seine Themen drehten sich eben um Heimat, das Meer und die Seefahrt. Er fiel 1916 in der Seeschlacht am Skagerag.

Foto: Gorch Fock, Quelle https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:GorchFock.jpg
Johann Wilhelm Kinau alias Gorch Fock (Quelle Wikipedia)

Eines der namensverwandten Schiffe ließen die Reichsmarine 1932 erbauen. Die Namen der anderen Schwesterschiffe waren übrigens nach dem Freikorpskämpfer „Albert Leo Schlageter“ und dem Sturmführer der SA Horst Wessel benannt.

Man kann also erklären, warum 1933 ein Schiff „Gorch Fock“ genannt wurde. Aber zu erklären, dass nach dem neuen Traditionserlass die nach Tirpitz benannte Mole ausgerechnet wieder diesem „Schriftsteller“ und damit einer Tradition zu folgen ist nur möglich, wenn man davon ausgeht, dass rechtes Gedankengut tief verwurzelt ist in der Bundeswehr. Problematischer als der Schriftsteller selbst war wohl seine Inszenierung seiner Nachlassverwalter, die ihn teilweise als „Wegbereiter des Nationalsozialismus“ stilisiert haben [Quelle].

Das die öffentliche Rezeption heute die Namensgebung und die Geschichte kaum in Frage stellt, ist schon bezeichnend. Wir hatten auf unserem Anarchistischen Spaziergang im November ebenfalls dieses Schiff thematisiert, wenngleich nicht so vertieft besprochen. Unser Spaziergang aus Anlass der Revolution diente dem gegenseitigen Kennenlernen und Austausch zu verschiedenen Themen.

Tradition wird in Kiel leider auch bei Denkmälern nach wie vor gepflegt. zB durch das Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. oder das Kriegerdenkmal von 1879.

Kriegerdenkmal  1870/71 im Kieler Schloßgarten
Kriegerdenkmal Kiel

„Tradition“ ist nicht einfach das Fortführen von Vergangenem sondern immer eine Konstruktion. Eine Behauptung das etwas früher auch schon so war und/oder gut und erhaltenswert war. Oft ist bei genauerer geschichtlicher Betrachtung daran oft nicht viel Wahres und auch nichts Gutes.

So wie eben preußische „Traditionen“ zum Ersten und Zweiten Weltkrieg führten. Warum also an Traditionen festhalten wie dem Preußentum, dem U-Boot-Bau, den Segelschulschiffen, Feinden der Demokratie in einer Demokratie? Falsche Traditionen gefährden Menschenleben und das Zusammenleben. Auf der Gorck Fock mussten in der Vergangenheit für diese Tradition bereits mehrere Matros:innen sterben. Und am Nationalismus in Deutschland in den letzten Jahrzehnten Hunderte!

Vergessen wir also lieber Begriffe wie Tradition oder besser bekämpfen wir sie, denn in ihr wohnt nur all zu oft ein Ungeist von früher.

Die Kiellinie in Kiel hieß zB früher „Strandweg“ [Quelle], bis die Nazis beschlossen einen Teil „Hindenburgufer“ umzubenennen. Manche störten sich daran, weil sie den „traditionellen“ Namen beibehalten wollten. Was aber nur wieder zeigt, wie konstruiert Traditionen sind und wie wenig verlässlich, ganz abgesehen davon, dass keine Straße nach Hindenburg benannt bleiben sollte.

Da gibt es auch in Kiel noch viel zu tun und zu thematisieren.

13. Nov 2021 – Anarchistischer Spaziergang

Revolutionäre Matrosen im U-Boot-Hafen

Im November denkt man in Kiel natürlich immer an die Novemberrevolution. Wir wollen dies zum Anlass nehmen für einen Spaziergang. Dies wird kein Geschichtsseminar, sondern eine Gelegenheit mit uns als Anarchistische Initiative Kiel ins Gespräch zu kommen zur Kiel revolutionärer Geschichte, zu Anarchismus, zu Kiel heute und dazu, was wir tun wollen und können.

Die Coronapandemie hat uns das letzte Jahr ganz schön beeinträchtigt. Aber wir finde es wichtig wieder zusammenzukommen. Die Revolution von 1918 ist Anlass und Ausgangspunkt.

Wir treffen uns auf der Promenade am Sporthafen Wik am Samstag, 13.11. um 12 Uhr und umrunden dann die Förde. Endpunkt wäre an der Hörn/“Germaniahafen“. Und wer Lust hat kann noch auf einen Ausklang mit ins Café kommen (Ausklang fällt wegen Inzidenz aus!). Geschätzte Zeit für den Spaziergang ist mindestens eine Stunde (5 km).

Entfernt das Bismarck-Denkmal in Kiel!

In den Bismarck-Anlagen (später Hiroshimapark) an der Rathausstraße. Gründliche Reinigung nach Farbanschlag.

Wir haben da mal einen Brief an die Kieler LINKS-Fraktion formuliert, weil sie es bis heute nicht geschafft haben, zu beantragen, den Bismarck zu stürzen!

Liebe Kieler Linksfraktion

das Denkmal für den Reichskanzler Bismarck ist seit seinem Bestehen 1897 ein Ärgernis und eine Provokation für alle Demokrat*innen. Leider wurde das in der Vergangenheit nicht so gesehen. Kranzniederlegungen waren nicht nur Rechtsradikale Vereinigungen nach 1945 üblich, sondern auch durch Ratsmitglieder der CDU.

Bismarck war, wie ihr sicher auch wisst, ein expliziter Feind aller Demokrat*innen, Anarchist*innen oder Kommunist*innen. Bei der Recherche im Ratsinformationssystem ist uns als Anarchistische Initiative Kiel kein Versuch eurerseits aufgefallen überhaupt einen Versuch zu unternehmen, dieses Denkmal entfernen zu lassen. Das man dies bei der SPD nicht erwarten kann, da sie selber auch gerne das Gewehr anlegen ließ auf alle, die nicht damit zufrieden waren ein paar Sozialdemokraten in einer Regierung zu sehen und für eine andere, bessere Gesellschaft eintraten, ist eine Sache. Das aber eine Partei, die sich die LINKE nennt kein Problem damit hat, das ein Fein der Demokratie als Mahnmal für eine dunkle Zeit in unmittelbarer Nähe des Rathauses stehen bleibt, verwundert und doch sehr.

Bismarck war ein Politiker, der auch eine Atombombe auf Hiroshima abgeworfen hätte. Und ausgerechnet dieser Kerl dominiert den Hiroshima-Park. In den letzten Jahrzehnten nach dem Krieg gab es zahlreiche Aktionen gegen das Denkmal, oft auch Farbbeutelangriffe. Doch der Alte steht immer noch da und verhöhnt damit nach über 123 Jahren immer noch alle Demokrat*innen, euch eingeschlossen.

Wir fordern euch auf nun endlich eine Initiative zu starten und die Entfernung des Denkmals in der Ratsversammlung einzufordern. Dann hat jedes Mitglied der Ratsversammlung die Möglichkeit sich zwischen Demokratie und Bismarck zu entscheiden.

Anarchistische Initiative Kiel, Kiel September 2020

Filmrezension zu „Projekt A – Eine Reise zu anarchistischen Projekten in Europa“

Der Film Projekt A – Eine Reise zu anarchistischen Projekten in Europa wurde im jahr 2015 veröffentlicht. Hier zunächst der Trailer und die Selbstdarstellung:

Der Dokumentarfilm PROJEKT A taucht ein in die vielschichtige Welt der Anarchisten und bricht mit den gängigen Klischees über Steinewerfer und Chaoten. Er eröffnet viel mehr den Blick auf eine Bewegung, die das Unmögliche fordert, an den Grundfesten unserer Gesellschaft rüttelt und gerade deshalb das Augenmerk auf zentrale ungelöste Fragen unserer Zeit lenkt. Der Film handelt von einer politischen Bewegung, ihrer Theorie und den Menschen, die sich für deren Verwirklichung einsetzen.

Hanna, Mariano, Didac, Margarita und Makis sind Anarchisten. Sie träumen von einer freien Gesellschaft. Sie entwerfen konkrete Visionen einer anderen Welt und versuchen diese in ihrem Leben umzusetzen. Sie glauben daran, dass Menschen herrschaftsfrei leben können, ohne Staat, ohne Polizei, ohne Gesetze und Justiz – aus heutiger Sicht eine absurde Vorstellung. Ihr Leben ist ein Ringen mit Obrigkeiten, Konventionen und Vorurteilen. Egal ob in Spanien, Griechenland oder Deutschland, überall treten sie für ihre Ideale ein und bleiben trotz aller Rückschläge und auch Repressionen durch den Staat kämpferisch. Anarchie ist ein radikaler Ansatz und die Protagonisten von PROJEKT A stellen die Grundprinzipien der kapitalistischen Weltordnung in Frage.

Und damit sind sie nicht mehr alleine. Zwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus stellen weite Teile der Gesellschaft ebenso den Kapitalismus als zukunftsfähiges Gesellschaftsmodell in Frage. Welche Alternativen bietet der Anarchismus?

PROJEKT A geht dieser alten und zugleich neuen Idee nach und nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise zu anarchistischen* Projekten.

Empfehlen wir den Film als Einstieg in das Thema Anarchismus?

Das müssen wir mit einem eindeutigen: NEIN beantworten. Die größte Schwäche des Films ist, dass er sich auf einige Individuen konzentriert. Und die Bildersprache in manchen Abschnitten reproduziert doch genau die Klischees, die die Beschreibung vorgibt zu hinterfragen. Es werden verschiedene Orte gezeigt und das ganze als „Projekte“ bezeichnet, wie auch der Titel suggeriert, dass es ein oder mehrere „Projekte“ seien. Gleichzeitig klassifiziert man den Anarchismus als „politische Bewegung“. Da liegt die Wikipedia doch näher mit der Definition: „Anarchismus ist eine politische Ideenlehre und Philosophie“.

Die einzelnen Beiträge aus verschiedenen Ländern sind durchaus interessant, aber sie lassen sehr wenig Einblick in den Anarchismus zu, oder in dessen Funktionsweise. Der Film versucht das Ganze aus der Perspektive Einzelner darzustellen, was Denkweise und Motivation angeht. Dabei wird insbesondere auch die Feindschaft und das binäre Verhältnis zum Staat betont.

Fast nichts wird über die Grundlagen und wichtigsten Ideen dargestellt. Und auch nicht darüber, wie eine anarchistische Organisation aufgebaut wird oder wo man anfangen kann. Es gibt fertige Beispiele, die sehr wenig darüber verraten, wie es gehen kann, aber durchaus einen anarchistischen Bezug haben.

Und wie kann man bitte das Anzünden einer Feuerwehr als Eisntiegsbild in den Trailer packen? Clickbait?

Hier ein Interview/Doku von Festival TV mit den Filmemachern Marcel Seehuber undMoritz Springer, dass auch einiges offenbart von der Grundhaltung:

Da gibt es eine große Überschneidung mit dem DIY-Ansatz, aber mehr in Richtung Selbstverwirklichung. Ein oft genanntes Vorurteil ist ja eben auch, dass man im Anarchismus „tut was man will“. Wobei nichts falscher sein könnte, als dies. E bedeutet min Wirklichkeit ja ein höchtes Maß an Selbstdisziplin. Eigentlich ist es ja der Kapitalismus und der Liberalismus, der das Individuum und die persönliche Freiheit über Alles stellt, ohne Rücksicht auf die Anderen und die Umwelt.

Ein Video vom Tagesspiegel:

Diese Dokumentation spricht das Gefühl an. Sie reduziert dabei aber Anarchismus auf eine Haltung oder eine bestimmte Szene. Und wo sie das nicht tut, wie bei der Solidarischen Landwirtschaft, hat es nur wenig mit Anarchie zu tun.

Die Gesellschaft zu ändern wird nicht dadurch passieren, dass es eine Unzahl an kleinen Projekten gibt, die für sich eine Nische finden. Eine Gesellschaft und eine Wirtschaft ändert sich dann, wenn eine kritische Masse erreicht wird. Man kann durchaus klein anfangen, aber der Fokus auf diese kleinen Projekte oder diese Individuen verkennt das eigentliche Ziel und fördert den Glauben oder auch die Selbstzufriedenheit damit, dass man meint im Kleinen bereits Anarchismus leben zu können.

Ja, es hat sehr viel mit Selbstorganisation zu tun. Aber auch mit dem Umgang miteinander. Und bei Miteinander geht es dann auch um mehr als nur um „Genoss:innen“. Es muss daher um viel mehr gehen, als um Projekte. Auch wenn etwas nicht nach Anarchie aussieht, kann es der richtige Weg sein. „Gute Beispiele“ führen vielleicht sogar dazu, dass gute Ansätze nicht weiter verfolgt werden.

„Projekt A“ hat einen Teil seiner Produktionskosten per Crowdfunding eingespielt. Allerdings ist es nicht einfach als Film herunterladbar, oder als Dokumentation für alle kostenlos oder gegen Spende online anzuschauen. Zwar bieten die Projekte, über die berichtet wird alles kostenlos, aber hier wird Geld verdient – und zwar durchaus auch auf den kapitalistischen Plattformen Youtube und Amazon. So weit also, auf richtig schlimmen Konzerne zu verzichten, ging man nicht. Das scheint also absolut vereinbar mit einer Grundüberzeugung pro Anarchie – und den optischen Bezügen der Filmemacher zu einem gewissen Lifestyle. Einen Film über Anarchismus machen und anderen erzählen, was das ist und selber nicht auf die Großen verzichten.

Es geht auch anders, wie zB Cine Rebelde zeigt. Die Notwendigkeit Filme auch zu refinanzieren kann man ja nachvollziehen, aber es gibt da auch Schmerzgrenzen für eben solche Filme, die Gute Beispiele darstellen wollen.Eben. Wo fängt der Wandel an? Schauen wir lediglich nach Spanien und Griechenland und würden gerne Urlaub machen in so einem Projekt. Und fühlen uns anschließend als „Rebell:innen“, machen aber weiter wie bisher. Oder wagen wir es bei uns selber anzufangen und machen Dinge anders und fangen im Kleinen an?

Letzteres erscheint sinnvoller, als lediglich „feel good“-Anarchismus anzubieten. An Kompromissen kommt man nicht vorbei, aber wenn es um Vorbilder geht, sollte man schon konsequent sein.

„Anarchistische Initiative Kiel“ – Neuer Name, gleiche Gruppe

Wir haben uns dazu entschlossen den Namen unserer bisher noch kleinen Gruppe zu ändern. Zuvor nannten wir uns „Anarchistischer Aufbau Kiel“. Wir hatten nach einigen Monaten das Gefühl, dass wir zu dem Namen nicht die Verbindung aufbauen konnten wie erhofft.

Nun also „Anarchistische Initiative Kiel“. Wir wollen in Kiel eine anarchistische Perspektive einbringen und an den umfangreichen Fundus an Ideen aus der Vergangenheit erinnern. Anarchie, Anarchismus ist jedoch viel mehr als nur ein historisches Kapitel, das abgeschlossen ist und an das man lediglich erinnert. Wir sind der Überzeugung, dass sehr viele Ideen heute aktueller sind als noch vor kurzem.

Die Menschen sind unzufrieden mit ihrer Rolle in einer repräsentativen Demokratie, fühlen sich nicht richtig vertreten, wollen mehr mitreden. Mehr Demokratie und mehr Mitspracherechte im Kleinen sind aber eben einer der Kernansätze der Anarchie.

Herrschaft hinterfragen. Hier spielt auch das Mitreden hinein. Wir leben hier in keiner Diktatur, aber dennoch wird vieles zentral entschieden und manche Organisationen oder Einzelpersonen haben per Gesetz Rechte Herrschaft auszuüben, die ihnen nicht zustehen und die sie auch missbrauchen. Viele hinterfragen diese Herrschaft auch nicht, weil Menschen es nicht gewohnt sind, dass es auch anders gehen kann. Bürgerbeteiligung wird zwar vielerorts groß geschrieben, doch am Ende entscheiden oft nur wenige.

Wie wir wirtschaften. Gegen den Kapitalismus. Einzelne können im Kapitalismus unbegrenzten Reichtum anhäufen. Und Reichtum selbst ist wiederum der Schlüssel für Vieles: Für bessere Bildung, für mehr Platz, für mehr Einfluss. Die Besitzenden profitieren davon, dass die Allgemeinheit die Bedingungen schafft, um Geld zu verdienen. Wir verfolgen weniger das Ziel einer Umverteilung oder von Gerechtigkeit, sondern von einer gesellschaftlichen Gleichheit der Lebensbedingungen. Es darf kein Recht geben beliebig viel zu besitzen oder zu verdienen. Denn alle brauchen Ressourcen um mehr als nur zu überleben, sondern eine Perspektive im Leben zu haben.

Wenige haben unendliche Perspektiven, während die Meisten und gerade um unteren Ende der Einkommensspirale perspektivlos bleiben: Sie können sich keine Alterssicherung aufbauen. Sie hangeln sich von Minijob zu Minijob. Oder sie bleiben in Abhängigkeit vom Jobcenter.

Solidarität. Die Arbeitswelt ist hierarchisch geprägt. Zwar gibt es einzelne Beispiele von Kollektiven und Genossenschaften, die eine Ausnahme versuchen. Aber zum einen sind es leider nur wenige Beispiele und zum anderen fehlt eben eine Vernetzung, die eine starke kollektivierten Wirtschaftszweig darstellt. Wer nicht auf ewig seinen Platz in einem Kollektiv findet, wird doch immer wieder in den normalen Arbeitsmarkt geworfen werden. Hier ist es wichtig sich gegenseitig zu helfen: Bei der Erkämpfung von Arbeitsrechten, die auch über das hinaus gehen, was heute schon rechtlich gewährt wird. Gegenüber den Arbeitgeber:innen gemeinsam auftreten, um gemeinsam mehr zu erreichen. Und zwar nicht nur höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten, sondern insgesamt bessere Arbeitsbedingungen. Wenn jede:r nur für sich selbst kämpft, erreicht man maximal etwas nur für sich selbst. Jede gemeinsame und solidarische Vorgehensweise schafft einerseits eine positive Erfahrung und zum anderen bewegt man mehr, als nur für ein begrenztes Arbeitsverhältnis. Man eröffnet Perspektiven für die Zukunft, für andere Kolleg:innen, für andere Betriebe und für die ganze Gesellschaft.

Gute Beispiele und positive Erfahrungen müssen transportiert und öffentlich gemacht werden um davon zu lernen. Genau so allerdings natürlich auch Geschichten des Scheiterns. Wir können nicht immer gewinnen, aber wir können immer etwas lernen. Daher ist es auch wichtig Dinge auszuprobieren und vor allem nicht aufzugeben oder nur dann anzufangen, wenn man sich sicher ist, dass man Erfolg haben wird.

Unser Anspruch ist es vielseitig aktiv zu werden in Bereichen wie Geschichte, Kultur, Arbeitswelt, Wohnen, … . Wir verfolgen keine weltfremden Ideologien, sondern arbeiten als reale Personen zusammen mit allen Schwächen und Problemen, die das Leben mit sich bringt. Wir haben keine fertigen Rezepte, die wir euch auftischen wollen, aber wir haben da einiges an Ideen, die wir in Kiel mit euch diskutieren oder ausprobieren wollen.

Noch sind wir eine kleine Gruppe, die mehr damit beschäftigt ist, ihren Weg zu finden. Aber wir sind gerade deswegen auch offen für Vorschläge oder Menschen, die konkret mitmachen wollen

Der Betriebsrat muss nicht am Anfang stehen!

Für viele Arbeitende kommt nach der Unzufriedenheit als erster Gedanke: Wir brauchen einen Betriebsrat! Doch der ist immer auch an Bedingungen genüpft und hat seine Vor- und Nachteile.

Dies ist daher ein Plädoyer dafür niederschwelliger anzufangen. Alles fängt doch damit an, dass man über seine Arbeit redet:

  • Darüber wie unterschiedliche die Löhne sind
  • Wie die Arbeitsverträge aussehen
  • in wiefern alle gleich behandelt werden
  • welche Zustände ggf. unerträglich sind
  • natürlich auch das Positive, wenn es das gibt

Am besten bespricht man sich als Belegschaft erst ein mal im kleinen Rahmen. Vielleicht erst zu zweit oder dritt und trifft sich dann vielleicht einfach mal zum Gedankenaustausch außerhalb des Betriebes. Wichtig ist dabei, dass die Offenheit gegeben ist, zu sagen, was man denkt und erfahren hat. Und welche Wünsche und Kritik es gibt. Alles mit der Zeit auf den Tisch. Aber es braucht Geduld. Es geht auch darum gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Vielleicht bekommt jemand auch mehr Lohn als die anderen und fürchtet um seine Privilegien. Dann muss man auch auf solche Ängste Rücksicht nehmen. Das Bewusstsein für Probleme muss auch erst wachsen. Und auf keinen Fall nach einem Treffen am nächsten Tag im Betrieb gleich etwas über das Knie brechen! Ihr solltet wissen, worauf ihr euch einlasst, was die rechtliche Situation ist. lasst euch Zeit eine gemeinsame Position zu finden! Und auch niemanden sofort unter Druck setzen, nur weil er/sie nicht so mitspielt, wie es eine Mehrheit gerne hätte. Vielleicht hilft euch gerade die skeptische Stimme dabei etwas Wichtiges nicht außer acht zu lassen.

Hat euer Betrieb weniger als fünf Beschäftigte ist ein Betriebsrat nach den gesetzlichen Vorgaben eh nicht möglich. Der Betriebsrat selbst garantiert euch auch noch nichts. Der muss ja auch erst aktiv werden. Und wenn der Betriebsrat nicht das tut, was ihr wollte habt ihr Pech: So einfach absetzen kann man ihn nämlich dann nicht mehr: Er spricht für euch und ihr könnt wenig dagegen machen!

Das Betriebsverfassungsgesetz definiert zudem den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Das bedeutet, dass der Betriebsrat gesetzlich dazu verpflichtet ist nicht konfrontativ gegenüber den Arbeitgeber*innen zu sein. Das heisst dann schon einmal, dass so etwas wie eine Arbeitsverweigerung von einem Betriebsrat nicht ausgehen dürfen. Dem Betriebsrat sind also auch teilweise die Hände gebunden sind, wenn eigentlich Handeln unmittelbar geboten ist! Manchmal geht es eben auch nur konfrontativ. Ihr wählt also einen Betriebsrat, der antritt eure Interessen durchzusetzen – und dann wird ihm genau das schwer gemacht dadurch, dass diese Leute Betriebsratsmitglied sind. Na wunderbar!

Eine Betriebsgruppe ist im Gegensatz dazu ein nicht-formalisierte Gruppe, die sogar auch Menschen unter 18 (also oft Auszubildende) oder Leiharbeiter*innen oder Kollegen aus einem angedockten Betrieb (z.B. Reinigungskräfte) miteinander verbindet um ebenfalls erst einmal nur miteinander über betriebliche Angelegenheiten zu reden. Es ist dann oft auch wertvoll verschiedene Perspektiven zur Kenntnis zu nehmen, die in einem Betriebsrat ausgeschlossen werden. Daraus ergibt sich ein vielseitigeres Bild. Im übrigen schließen sich Betriebsrat und Betriebsgruppe(n) nicht aus. Ihr könnt auch in einem Betrieb der einen Betriebsrat hat eine Betriebsgruppe bilden. Z.B. auch eine ausschleißlcih für Auszubildende oder nur für Frauen (weil es da z.B. sexistische Übergriffe von Männern gibt und es für ein vertrauensvolles Gespräch notwendig ist unter sich zu sein). Eine Betriebsgruppe kann auch zeitlich begrenzt ins Leben gerufen werden.

Wir empfehlen sie eigentlich für jeden Betrieb. Sie kann z.B. auch ggf. doch auch einen Betriebsrat initiieren und sich vorher über Vor- und Nachteile informieren. Wir halten es für unverantwortlich, dass viele Gewerkschaften Belegschaften einen Betriebsrat empfehlen, ohne dass es vorher schon angemessene Strukturen im Betrieb gibt.

Wenn ihr Fragen habt, könnt euch an uns wenden. Momentan sind wir keine Gewerkschaft, sondern ein freier Zusammenschluss an Anarchist*innen, die etwas verändern wollen.